Nur eine Frage der Zeit

Neben mir liegt mein 7 Monate altes Baby, daneben sein 26 Monate alter Bruder. Beide schlafen, grunzen, schnarchen, sprechen, sabbern im Schlaf. Es ist friedlich und harmonisch. Ihre kleinen Brustkörbe heben und senken sich, sie atmen gleichmäßig und ruhig. Es ist ein Moment der Stille, indem ich nicht an die kurze letzte Nacht denke, in der das Baby nicht schlafen konnte und nicht an den sehr frühen Start in den Tag, der vom schreienden Kleinkind begleitet wurde. Ich liege hier und sehe aus dem Fenster, was zwei Gründe hat:

Ich kann nicht schlafen.

Der erste und entscheidendere ist, dass das Baby keine 5 Minuten ohne engen Körperkontakt zu mir schläft. Bewege ich mich weg, wird er wach, robbt oder krabbelt durchs Bett und kommt insgesamt auf zu wenig Schlaf. In der Folge wird er den Rest des Tages mies drauf sein, was einen fürchterlichen Teufelskreis hervorruft:  ich muss ihn dann häufiger tragen und kuscheln und der Große wird weniger Exklusivzeit bekommen. Dann wird er schlechter gelaunt sein, mehr schreien, das Baby vom Schlafen abhalten. Das Baby wird wiederum mehr schreien, ich werde es noch mehr tragen und das Kind wird noch eifersüchtiger naja – und so weiter.

Der zweite Grund ist der, dass ich nicht einfach schlafen kann. Schlafen, das zählt für mich zu einem Grundbedürfnis, keine Frage, aber nicht zu meiner „Me-Time“. Ich habe viel Energie, bin ein Mensch, der gern redet, schreibt, zuhört, sich unterhält. Austausch mit anderen Menschen ist mir wichtig. Ich möchte gern raus, was sehen und hören und Menschen treffen. Den Tag im Bett zu verbringen, erinnert mich an Krankheit und letztendlich an meine Schwangerschaften, die ich gehasst habe, in denen ich gelitten habe, abgeschieden von der Außenwelt, allein, an dieses Bett gebunden, isoliert und krank.

 

Der Blick ist derselbe, immer wieder derselbe.

Ich liege hier und starre aus unserem Schlafzimmerfenster auf den immer gleichen Baum. Eigentlich nur auf einen Teil des Baumes, denn er steht so nah vor unserem Fenster, dass man ihn nicht in seiner ganzen Größe sehen kann. Er bewegt sich im Wind, wankt hin und her. Ich beobachte seine Bewegungen seit diesem Apriltag vor drei Jahren und frage mich, wie lange es wohl noch dauern wird, bis er gegen die Regenrinne kracht, die an der Häuserwand entlang führt, die er immer fast berührt, bei einem starken Windstoß.

Die Zeit hier im Bett mit Blick auf den Baum, die verbringe ich meinen Kindern zuliebe und ich weiß, dass das Jammern auf hohem Niveau ist. Die arme angestrengte Mutter, die jeden Mittag eine Zwangspause einlegen darf. Und alle so: „Oooooooooooh!“. Mütter, deren Babies und Kinder nur durch stundenlanges Umhertragen schlafen, werden mich anschreien wollen. Doch auch wenn meine Kinder mich dabei liegen und auf dem Handy Blogs lesen lassen, fühle ich mich nicht freier. Ich muss stets Körperkontakt halten, mindestens zum Baby, das weder tagsüber noch nachts Rücksicht darauf nimmt, ob ich es bequem finde, oder nicht. Wenn ich nun zur Toilette müsste, hätte ich Pech gehabt. Ebenso wenn der Postbote käme und meine wöchentliche Gemüsekiste brächte. Ich liege hier, um meinem Baby das Schlafen zu erleichtern und das tue ich natürlich einerseits gern, denn die Alternativen sind nicht akzeptabel. Doch andererseits fiebere ich der Zeit entgegen, in der er, wie sein großer Bruder, gelernt hat, ohne eine Berührung zu schlafen und es einfach okay für ihn sein wird.

 

Das Baby muss lernen zu vertrauen. Nicht zu schlafen.

Das sind zwei Paar Schuhe. Wenn er mir und seinen Fähigkeiten vertraut und weiß, dass er wieder wach wird und ich da sein werde, dann wird ihm schlafen leichter fallen und bis dahin bleibe ich eben hier liegen. Es ist nur eine Phase, nur eine Frage der Zeit, nur ein Lebensabschnitt.

….der nun schon fast 3 Jahre dauert.

Die erste Schwangerschaft begann im April 2013. Eine Schwangerschaft mit Hyperemesis Gravidarum ist nicht schön. Nichts, woran man gern zurückdenkt. Und am Ende der 40 Wochen fühlt man sich nicht, als sei man eben schwanger gewesen, sondern als habe man eine sehr schwere Krankheit überlebt. Ich hatte Monate danach mit den Erinnerungen, mit Flashbacks und Traurigkeit zu kämpfen. Mal von den körperlichen Beeinträchtigungen ganz zu schweigen…

Nach einem guten halben Jahr war ich wieder auf voller Spur, konnte mich besser und ausdauernder um mein 24-Stunden-Baby kümmern. Das erste Jahr mit einem hochsensiblen Kind ist nicht gerade leicht, auch wenn ich damals noch nichts davon wusste und meinen Umgang damit erst jetzt so nach und nach entwickle. Aber am Ende dieses Jahres war ich vor allem eines: müde und kaputt. Ich wurde wieder (ungeplant) schwanger. Alles begann von vorn, das Erbrechen, die Übelkeit, die Ohnmacht. Doch unter erschwerten Bedingungen: ich hatte ein Kleinkind zu versorgen. Und musste wieder zur Arbeit. Sofern das möglich war, an den guten Tagen. Ich bestellte die nächste Ladung Agyrax, wartete bis der Spiegel sich aufgebaut hatte und überlebte. Irgendwie.

 

Irgendwie überleben

Ich lag mit Kleinkind hier, wir schauten gemeinsam aus diesem Fenster, ich dachte mir Geschichten über den Baum aus und fragte mich, bei jedem Windstoß, immer wieder, wann er wohl in die Regenrinne krachen würde?!

Im Sommer 2015 dann die zweite Geburt. Nur wenige Tage zuvor hatte ich einen hartnäckigen Virusinfekt, der leider bei der Geburt auf das Baby übertragen wurde und dafür sorgte, dass wir wenige Tage nach seiner Geburt um ihn kämpfen mussten. Als wir endlich aus dem Krankenhaus kamen, lagen wir zu dritt hier, starrten aus dem Fenster, lernten uns kennen und ich genoss es. Aus unserem Doppelbett wurde ein Familienbett, aus meinem Mann wurde ein zweifacher Vater, aus unserer Ehe eine Elternschaft. Mein großer Sohn wurde ein großer Bruder. Es dauerte nicht lang, um allen Familienmitgliedern ihre Plätze neu zu vergeben und als alle in ihren Rollen angekommen waren, da lag ich wieder hier, mit schlafenden Kindern und dem im Wind wankenden Baum und fragte mich einmal weniger, wann er in der Regenrinne landete, sondern vielmehr, wo ich geblieben war.

 

Zwischen Langeweile und Höchstanstrengung

Würde ich eine Kamera unter die Zimmerdecke hängen, dann würde sie in der Mittagszeit filmen, wie wir hier liegen. Wie meine Kinder schlafen und wie ich aus diesem Fenster starre, gedankenverloren, manchmal das Handy in die Hand nehme und etwas lese, manchmal vielleicht ein wenig döse, mich wenig bewege und immer wieder irgendeinem Kind den Kopf streichle. Die Kamera würde einige Zeit danach aufzeichnen, wie wir nach dem Wachwerden kuscheln, singen und uns kitzeln. Sie würde glückliche, geborgene Kinder aufzeichnen und eine Mutter, die ihre Kinder wahnsinnig liebt. Sie filmt eine Mutter, der ihre Kinder alles bedeuten. Die sie geborgen und vertraut ins Leben begleiten will und die ihr Bestes gibt. Die vielleicht sogar ihr Alles gibt.

Denn ich liege hier, seit nunmehr 3 Jahren. Und weiß, dass da noch einige Zeit auf mich wartet, in der ich die Mittagsstunden mit Blick auf meinen Freund, den Baum, verbringen werde. Ob es mich stört oder unglücklich macht, kann ich kaum beschreiben. Ich weiß nur, dass mir tausende Dinge einfallen, die ich stattdessen tun könnte. Und dass mein Selbstwertgefühl, die Wertschätzung für mich selbst als Person und nicht nur als Mutter, irgendwo im Keller neben den Kartoffeln auf ihren Einsatz wartet. Bedürfnisorientierung sollte meine Bedürfnisse mit einschließen, ich selbst sage das immer – ja, predige es sogar. Doch besonders achtsam trete ich meinen Bedürfnissen gerade nicht gegenüber. Und ehrlich gesagt auch sonst keiner. Das ist hausgemacht, meine eigene Schuld.

 

Mutti macht das, also wieso sollte es jemand anderes tun?

Mich packt der Ehrgeiz, der Elan, ich will aufstehen und es verbessern. Meine Stimmung, meine Laune, meinen Glauben daran, dass diese Kinder es eine Stunde lang ohne meine Anwesenheit schaffen, dass ich mich frei bewegen und endlich tun kann, was ich als „Freiheit“ empfinde. Ich will es sein lassen, ich will hier nicht liegen, das bringt ja sowieso nichts, vielleicht haben doch die Anderen Recht und Attachment Parenting ist eine Lüge? Vielleicht gewöhnen Kinder sich ja doch daran, alleine zu schlafen, anstatt zu resignieren, wie immer angenommen? Stelle ich mich nur so an und nicht mein 7 Monate altes Baby? Möglicherweise weint und schreit es – naja okay, doch vielleicht beruhigt es sich? Wäre so ein Training doch mal einen Versuch wert, um endlich wieder jemand anders zu sein?

Ich wanke im Wind, ich schwanke hin und her und krache doch nicht in die Regenrinne.

Doch ich bleibe liegen. Und frage mich nicht mehr, wie lang es wohl noch dauert, bis der Baum in die Regenrinne kracht.

Ich höre auf mich zu fragen, wie lang es wohl dauert, bis meine Kinder mich und meine Nähe nicht mehr so stark brauchen, dass ich mich kaum rühren darf.

Ich denke nicht mehr in Kalenderjahren und Zeitangaben. Es wird anders werden, eines Tages. Eines Tages werden sie groß sein und alles allein können.Dann werde ich allein hier liegen, vielleicht mit meinem schlafenden Mann neben mir, der groß ist und meinen Körperkontakt längst nicht mehr für eine erholsame Nacht braucht. Und ich werde sie vermissen. Ich werde ihre kleinen, schlafenden Körper vermissen, ihr naives, bedingungsloses Vertrauen und ihre Zufriedenheit, wenn ich ihnen zum Einschlafen die Köpfe streichle.

Und ich halte daran fest, dass sich das alles dann gelohnt haben wird.

Solange jedenfalls, sehe ich meinen Baum leicht im Wind schwanken und bewundere seine Standhaftigkeit, seine Stärke und seine Haltung.

Er wird nicht einknicken, denke ich.

Nein, das werden wir nicht.

17 Antworten

  1. Liebe Kathrin,

    Ich habe lange Zeit nichts mehr geschrieben… Aber immer still mitgelesen.
    Ich habe diesen artikel gelesen und er hat mich irgendwie berührt. Bei mir läuft es genauso mit meiner kleinen. Mittags sowie auch nachts. Greta ist zwar schon älter als dein kleiner Kleiner. Dennoch braucht sie immer meinen Körperkontakt. Ich schaffe es mich mal schnell auf die Toilette zu schleichen, meistens aber nur wenn überhaupt nichts mehr geht. Mit ganz vielen an Läufen. Ich lege in der kurzen Zeit ein Kissen hin damit sie nicht merkt das ich kurz weg bin. Nachts komischerweise ist sie da noch sensibler.
    Meistens freue ich mich auf die schöne Kuschelzeit mit ihr. Aber dennoch gibt es Momente, Tage, da möchte ich in der Zeit einfach mal wieder ich sein. Ob es einfach auf den Sofa sitzen und ein Buch lesen ist, ob ich in Ruhe einen Kaffee trinke und etwas esse oder den Haushalt mache… Ich möchte einfach mal für mich sein.
    Dann schau ich meine wunderschönen Engel an, wie sie seelenruhig schläft und einfach die Nähe genießt. Und dann denke ich, dafür lohnt es sich. Das ist der richtige Weg.

    Danke für diesen tollen Artikel. Vorallem dass du so ehrlich bist und auch mal die etwas anderen Seiten aufzeigst ??

    Liebe Grüße
    Alex

    • Ach Alex, wie schön wieder von dir zu lesen 🙂
      Ja, weißt du, mein Großer hat sich mit Schlafen immer schwer getan. Nun ist er 26 Monate, schläft zwar durch aber noch lange nicht alleine ein. Er möchte es einfach nicht und sagt das auch so. Und es ist okay für uns. Der Kleine wäre eher der Kandidat, alleine einzuschlafen, wacht dann aber sehr schnell wieder auf und sucht mich. So ist es nun mal und meistens nehme ich es positiv und genieße einfach die Mittagspause. Aber manchmal, wenn hier das totale Chaos herrscht und ich einfach nur mal ich sein will, dann zweifle ich und frage mich, ob das alles so richtig ist.
      Doch dann sehe ich meinen Großen, der so schlau ist, mir so vertraut und zu dem ich ein so inniges Verhältnis habe und weiß, das kommt nicht von ungefähr. Also: durchhalten 🙂

  2. Liebe Kathrin,
    vielen Dank für den wunderbaren Post. Ich lese so gerne hier! Ich liege gerade neben dem 16 Monate alten Sohnemann, und irgendwie hat mir Dein Beitrag gerade Mut gemacht. Danke dafür! Es gibt Zeiten da geht mir das begleiten so leicht von der Hand, und dann gibt es Zeiten da möchte ich einfach nur neben dem Mann auf dem Sofa sitzen und einen Kaffee trinken… Geht aber nicht,denn der kleine Kerl braucht mich…
    Alles Liebe,
    Carmen

    • Liebe Carmen,
      Danke für deinen Kommentar. Ich kenne das und fühle mit. Aber heute ist etwas geschehen, das möchte ich an dieser Stelle kurz erzählen: D-Von hat angefangen zu krabbeln. Und ich habe mich unendlich gefreut und gleichzeitig war ich völlig schockiert, denn mir wurde klar: der wird groß. Der wird so groß wie sein Bruder! Und der schläft nicht mehr dicht angekuschelt sondern braucht Beinfreiheit. Und der will mittlerweile 3-4 Mal die Woche zu seiner Tagesmutter, und der sagt Sachen wie „Lass mich alleine bauen, ich kann das!“ Und so. Und ich weiß, die Zeit in der mir dieses kuscheln und nahe sein und abhängig sein, fehlen wird… Die steht schon hinter der nächsten Ecke. Wir sollten während wir das Einschlafen begleiten immer wieder darüber nachdenken, was für eine kurze Zeit es eigentlich ist, bis sie alleine schlafen WOLLEN.
      Mir fällt das auch oft schwer und ich schimpfe und motze… Und dann kommen Tage wie heute 😉
      Alles Liebe und schön, dass du hier mitmachst!

  3. Hallo liebe Rabenmama ?

    Zufällig bin ich über deinen Blog gestolpert.Die 100 besten Tipps für’s Schlafen…haben mich zu dir geführt.

    Du schreibst mir aus der Seele. Meine Zwergin liegt grad auch weiter dicht an mir. Zwischendurch wird an der Brust genuckelt ? An aufstehen ist nicht zu denken. Nachts ist sie da irgendwie ganz besonders sensibel. Steh ich auf, geht die Sirene los, bevor ich auf der Brille sitz. Zum Glück schläft sie gleich wieder ein…
    An manche Tagen denk ich auch: Was hab ich nur falsch gemacht? Warum schlafen die Kinder von meinen Freunden so problemlos? Liegt es an mir?
    Ich freue mich, das ich von anderen lesen kann, denen es wie mir geht. Das macht lockerer. Lässt die „Vielleicht liegt’s an mir Gedanken“ verschwinden.

    Ich freue mich in den Mittagsstunden,so nach und nach,deine Beiträge zu lesen.
    MfG aus dem heimischen Schlafzimmer

  4. Hallo Kathrin,
    ich habe gerade deinen Artikel gelesen und mir läuft eine Träne über die Wange, weil mich die Bedürfnisse meiner beiden Kinder (6 Monate und fast 3 Jahre) auch gerade in die gleiche Situation bringen und ich mich zwischen meinen Gefühlen, ihren Gefühlen und den Ideen und Bewertungen anderer um uns herum zerrissen fühle. Dein Post ist nun schon fast 3Jahre alt. Mich würde sehr interessieren, wie du das Ganze jetzt siehst? Hat es sich gelohnt?
    Liebe Grüße
    Maike

    • Liebe Maike,
      ich will dich umarmen. Lieber noch in echt, geht aber gerade nur virtuell.

      Ob es sich gelohnt hat, weiß ich nicht. Wer entscheidet das schon?
      Ich kann dir nur sagen: ich bin noch oft ins Wanken gekommen, aber niemals in die Regenrinne gekracht. Ich bin ganz und gar dabei geblieben, liegen geblieben, an der Seite meiner Kinder geblieben und habe es durchgezogen. Das war verdammt hart aber weißt du was? Erst heute ist mein großer Sohn, mittlerweile 5 Jahre alt, allein (!) zum ersten Mal zu einem Kindergeburtstag gegangen. Er hat uns regelrecht rausgeschmissen. Also, tja. Ja. Ich denke, es hat sich gelohnt.

      Ich umarme dich und hoffe, du spürst das bis dort, wo du bist. Bleib bei dir <3

      Alles Liebe,
      Kathrin

  5. Hallo Kathrin,
    auch ich bin gerade, während ich hier mit meiner kleinen Tochter liege, über deinen Post gestolpert. Du hast einen wunderbaren und so ehrlichen Text geschrieben und ich suche gleich mal weiter, auf was ich noch so von dir stoße. Vielen Dank dafür!
    Meine Tochter, nun 18 Wochen alt, schläft nachts immer in ihrem Bett, wacht 1-2 mal auf und braucht die Gewissheit, dass ich da bin. Sobald sie diese hat, kann sie meist friedlich weiterschlafen. Tagsüber hingegen geht kein noch so kurzes Schläfchen ohne körperkontakt. Und damit meine ich kein Händchenhalten oder Ähnliches. Sie liegt stets Bauch an Bauch auf mir, um friedlich vor sich hin schlummern zu können. Vielleicht holt sie sich tagsüber diese Nähe und Sicherheit, um nachts „unabhängig“ sein zu können? Jedenfalls bin ich in meinem Bekannten- und Familienkreis – natürlich – die einzige, deren Kind nicht alleine schlafen kann. Und man wird bombardiert mit „hilfreichen“ Tipps, Blicken, die sagen, man würde das Kind verwöhnen, die sagen, dass das Kind so zu anhänglich werden würde. Bei allen anderen war und ist das ja so anders.. und trotz dieser Blicke und Hinweise, die mir das Gefühl geben, etwas Falsches zu tun und ich stets den Drang habe, mein Verhalten zu erklären, zu entschuldigen, zu verteidigen, weiß ich in meinem Inneren, dass ich das gar nicht tun müsste, weil ich spüre, dass es das ist, was mein Baby braucht. Ich möchte mir diese Erklärungen, Entschuldigungen und Verteidigungen abgewöhnen und doch erwische ich mich immer wieder dabei, mich zu rechtfertigen. Es tut gut, deinen Post und die Kommentare der anderen zu lesen und zu wissen, dass es auch anderen so geht und es rein gar nichts mit Verwöhnen, unnötigem Verhätscheln und Klammern zu tun hat. Viele Grüße von der Wohnzimmercouch von Hanni und Nanni

    • Meine Liebe,
      es hat absolut nichts mit Verwöhnen und Verhätscheln zu tun – du hast es dir selbst beantwortet. Es ist genau das, was dein Baby braucht. Und eines Tages wird es etwas ganz anderes brauchen und dann wirst du wieder neu austarieren, ob du das leisten kannst oder nicht.
      Sei gut zu dir, vertraue deinem Gefühl, denn du bist die Expertin für dein Kind. Und niemand anderes! Raus aus der Selbstrechtfertigungsschleife – die hast du nicht nötig. Du machst nichts falsch. Wer das anzweifelt, darf sich selbst betrachten. Und nicht dich.

      Alles Liebe dir!

  6. Liebe Kathrin,
    Ich habe es noch nie einen Kommentar abgegeben. Musste mich aber eben überwinden und schreiben. Ich habe mich so mit deinem Artikel und die Kommentare identifiziert, dass mir die Tränen laufen… Mir geht es genauso… Und ich versuche, die Gedanke einzuprägen, dass es nur eine kurze Zeit im Leben ist und dass ich es in die Zukunft vermissen werde… Vielen Dank
    Liebe Grüße.
    Dani

  7. Liebe Kathrin,
    ich finde mich eins zu eins in deinem Text wieder. Unsere Tochter ist nun 8 Monate alt und schläft tags und nachts nur mit direktem Körperkontakt und nuckelt alle 3-5 Minuten an meiner Brust.
    Ich hatte einmal etwas schlechtes gegessen und musste nachts über zwei Stunden ständig auf Toilette- sie war dann einfach mit mir wach. 😉
    Sie schläft weder im Auto noch im Kinderwagen und schläft inzwischen die ersten 30-45 Minuten abends in ihrem Beistellbett, danach nur mit und an mir.

    Ich lag ebenfalls im Krankenhaus ab der 8. Schwangerschaftswoche und Agyrax (teuer importiert aus Frankreich..) war mein bester Freund. Wir hätten gerne noch ein Kind und auch bald, da wir beide nicht die jüngsten sind und ich habe mich gefragt, wie ich das schaffen soll mit unserer Kleinen und ihren Bedürfnissen und dein Bericht hat mir nun die Angst davor genommen und ich bin dir so unendlich dankbar dafür!

    Dennoch sehne ich mich nach Zeit mit meinem Mann und danach mal wieder nur ich sein zu können. Auch habe ich mich schon dabei erwischt eifersüchtig auf die ‚Freizeit‘ meines Mannes zu sein, und dann denke ich daran, dass er noch nie das Glück hatte diese Intimität mit unserer Kleinen erleben zu dürfen.

    Ich danke dir und den anderen Kommentatoren von Herzen und wünsche allen viel Kraft und eine wunderschöne Familienzeit!

  8. Liebe Kathrin,

    oh wie sehr ich deine Gedankengänge nachvollziehen kann, gruselt mich fast selbst, eigentlich sind es meine, trotzdem schön sie bei dir zu lesen.
    Ich habe hier keinen Baum, nur ein unansehnliches Gebüsch vom Nachbarn, was sich täglich in mein Gehirn brennt, während ich meine beiden Mäuse in den Schlaf begleite.
    Der Große könnte auch ohne mich weiterschlafen, aber die Kleine registriert jeden Ausbruchversuch. Vom Großen weiß ich einerseits, dass es nur eine Phase ist und vorübergeht, andererseits weiß ich auch wie lange sich das hinziehen kann. Trotzdem kann ich mich des googelns nicht erwehren und stoße dabei regelmäßig auf uralte Forumsbeiträge von Mamis deren Babys mittlerweile im Grundschulalter sein müssten, und ertappe mich dabei sie heimlich darum zu beneiden.
    Unnötig, wahrscheinlich haben sie schon wieder andere „Problemchen“ die es zu lösen oder auszusitzen gilt.
    Denn wen man endlich die Antwort hat, ändert das Leben die Frage.
    In diesem Sinne cheers to the future mums.

  9. Liebe Kathrin,

    wie schön du schreibst ist beeindruckend. Die Bilder, die du kreierst passen auch wunderbar zu meinen Gefühlen, wenn ich neben meinem 20 Monate alten Sohn liege, der immer und immer wieder auf mich klettert, um weiter schlafen zu können weil „nur“ daneben, eingekuschelt in meinen Arm, nicht reicht. Er atmet mal laut mal leise, lacht sich kaputt, weint, schnarcht und schreit im Schlaf. Ein abgefahrenes Varieté, von dem der Akteur selbst kein bisschen mitkriegt. Ich aber schon. Mein Rücken schmerzt, meine Blase platzt, ich habe Hunger und so viel zu tun. Was mache ich? Ich streichle Kopf und Beine, freue mich über den Anblick und diese wahnsinnige Liebe.
    Danke für deine Worte!

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